Hallo und gruezi wohl liebe Community!
Ich schreibe - als Kerl - heut hier, weil ich bereits einige hilfreiche Beiträge hier gelesen habe und mich deshalb halbwegs wohl genug fühle, an dieser Stelle einen Seelenstriptease zu vollführen.
Mir ist es wichtig, alles mal aufzuschreiben und loszuwerden, deswegen wird das ein längerer (EDIT: verdammt langer! )Text und es ist daher auch kein Hilferuf oder eine Ratsuche im eigentlichen Sinne, ich freue mich aber gerne über Feedback zu meinen Gedankengängen oder auch Beiträge von Menschen, die die gleiche erlebt haben und am Ende hab ich auch die ein oder andere Frage insbesondere an die Mädels und Frauen unter Euch. Wer keinen Bock hat, sich das Textmonster anzutun, darf gerne nach unten scrollen :-)
Zu mir: Ich gehe auf die 30 zu und bin eigentlich mitten im Leben und stehe auf meinen eigenen zwei Beinen. Beruflich zeichnen sich gute Perspektiven ab, ich bringe grundsätzlich meine Leistung und in den letzten Jahren hat sich bei mir auch persönlich viel getan, ich bin selbstbewusst und habe ein gutes Selbstvertrauen ( von dem Thema in diesem Text mal abgesehen) ich bin bekannt, dafür meine Meinung zu vertreten und bin sehr entspannt geworden bei vielen Themen, was auch meine Wirkung auf andere Menschen absolut ausstrahlt. Ich dachte ich wäre auf einem guten Weg.
Von Anfang an.
Ich wurde als Kind früher gemobbt und hatte daher bis zum Abitur ein verschwindend geringes Selbstvertrauen, besonders in der Grundschule, in welcher die Hauptschüler eine regelrechte Jagd auf mich veranstaltet haben. Auf dem Gymnasium wurde es besser, aber ich habe lange Zeit gebraucht, mich selbst zu finden, Vertrauen in andere Menschen zu entwickeln und natürlich mich selbst attraktiv zu finden. Natürlich hat das insbesondere mein Verhältnis zum weiblichen Geschlecht beeinflusst. Ein Beispiel ist, dass ich mal mit 12 irgendwo reingeplatzt bin, wo eine größere Gruppe aus der Klasse Flaschendrehen gespielt hat. Der Ausruf eines der Mädels: "DER NICHT!!" hat sich tief ins Gedächtnis gebrannt.
Jedenfalls war ich öfter mal verliebt oder interessiert ,aber völlig verunsichert, und so hatte ich mit 14 oder 15 meine erste Freundin im Urlaub (ich wollte ein anderes Mädel - hab mich aber nicht getraut) und bin seitdem single und gehörte bis zu diesem Jahr zu den sogenannten Absolute Beginners. Oder vielleicht gehöre ich immer noch dazu. Dazu später mehr.
Naja. das ging auch im ersten Studium so weiter. Öfters fand ich mal ein Mädel interessant, konnte mich aber überhaupt nicht auf sie einlassen, auch wenn sie womöglich interessiert war. Es hat mich an den Rand von Depressionen gebracht, bis mir ein Freund mit Hinweisen auf Pick-up weitergeholfen hat. Keine Sorge, ich habe nicht im Handumdrehen den Rumficker raushängen lassen, das wäre bei meiner damaligen Verfassung auch gar nicht möglich gewesen. Die Lektüre einiger Texte aus diesem Bereich hat mir sehr geholfen, zu verstehen wo ich stehe, und mir wurde klar, dass ich hart an mir selbst arbeiten muss, um souverän mit meiner Sexualität umgehen zu können. Auch wenn ich nicht alle Theorien und Einstellungen teile, die im Pick-up Bereich proklamiert werden, bin ich der Community dafür sehr dankbar.
Jedenfalls kam irgendwann Tinder dazu und es ging voran. Hier ein wenig schreiben, dort ein Date. Mein erster Kuss mit 25, und ich war erstaunlich souverän bei der Nummer Ich habe das Date sehr genossen und meine Unsicherheit und mein etwas entfernter Wohnort waren auch der einzige Grund, warum sie nicht mit zu mir ist. Sie ist direkt danach auch umgezogen, so dass es bei diesem Date geblieben ist.
Naja, so ging das ganze eben weiter, hier mal ein Date, da mal etwas Einstieg ins Sexting...
Nach vielen weiteren Erfahrungen ist dieses Jahr sowas wie ein Knoten geplatzt. Ich konnte mich akzeptieren so wie ich bin (oder wie ich dachte, dass ich sei) und habe mich zunehmend wohlgefühlt in dem was ich tue.
Ich dachte also: Endlich auf dem richtigen Weg, jetzt klärt sich alles, jetzt beginnt meine Zeit! Falsch gedacht. Dinge werden komplizierter :D
Neben einigem Rummachen z.b. an Fastnacht oder im Club bin ich auf einem Festival das erste mal mit einem Mädel im Zelt gelandet. Davor haben wir rumgemacht und das teilweise ziemlich heftig und ich habe es absolut genossen. Im Zelt hat sie sich dann ausgezogen und einfach nur alle viere von sich gestreckt und "bitte bitte" gerufen. Abgesehen davon, dass ich das absolut enttäuschend fand, habe ich auch - mit Sicherheit auch aufgrund des fortgeschrittenen Alkoholkonsums - keinen mehr hochbekommen. Nackenschlag für mich, aber gut , man macht ja weiter. Ich hab sie jedenfalls zum Orgasmus geleckt und gefingert ( Oh ich Improvisationstalent!) , aber richtig viel gespürt habe ich nicht.
Ich hatte seitdem dieses Jahr nochmal dreimal Sex mit Frauen, wobei ich immer Probleme mit der Erektion hatte. Eine von beiden - hier auch ohne Alkohol - hat es mit einer Massage ganz bestimmter Körperteile noch geschafft, vor dem Sex mir eine richtige Latte zu zaubern, aber als es dann zur Sache ging, war es auch vorbei.
Eine weitere Frau, die ich eigentlich richtig gut aussehend fand, ist erst vor kurzem nach einem Tinder Date mit zu mir gekommen. Einen Tag davor hatten wir Weihnachtsfeier , ich war also verkatert, und wir sind bei Glühwein auf dem Weihnachtsmarkt und später in einer Bar versackt. Wir sind erst nebeneinander eingepennt und hatten dann später in der Nacht doch noch Lust aufeinander, vor allem Sie auf mich. Ich habe wieder sehr wenig gespürt, aber irgendwie war ich körperlich auch komplett am Ende. Jedenfalls war wieder die Enttäuschung groß und meinem Ego hat es auch nicht gut getan.
Ich muss dazu sagen, dass ich meinen Alkoholkonsum trotz Studenten-WG meist gut im Griff habe. Phasenweise gibt es Gelegenheiten, wo ich ein zwei Tage recht viel trinke, aber aus dem nahezu täglichen Glühwein trifft Bier, den meine Mitbewohner sich maßlos gönnen, halte ich mich komplett raus und trinke wochenlang auch nichts. Just saying...
Insgesamt habe ich also durchaus Interesse an Frauen, ich küsse gerne, ich kuschle gerne und fühle mich auch emotional zu Frauen absolut hingezogen. In mein letztes Date bin ich glaub ich ein bisschen verliebt gewesen, aber sie verlässt bald das Land. Meine sexuellen Erfahrungen waren allerdings insgesamt durchaus unbefriedigend für mich.
Alkohol kann hier ein Grund sein ( Festivals... oder die Ausrede oder Erwartung man müsse was trinken auf nem Date :-/ ) , körperliche Fitness ( habe erst wieder mit Sport angefangen vor einiger Zeit und bin auch etwas übergewichtig) und eben auch die Tatsache, dass ich befriedigungstechnisch die letzten 15 Jahre selbst Hand angelegt habe. Ich war bei meinem ersten Mal wirklich auch überfordert...
Jetzt kommt hier was dazu, was die ganze Sache für mich noch komplizierter macht. Ich fange an, Männer interessant zu finden und habe zunehmend Sexfantasien. Ich hatte vor diesem Jahr noch nie einem Mann hinterher geguckt, aber die Gedanken es mal mit nem Kerl zu probieren, machen sich zunehmend breit. Angefangen hat es ganz schleichend mit meinem ersten Date an Fastnacht dieses Jahr, die mir von einem Lover erzählt hat, der es schon mit einem Mann probiert hatte. Dann mal ein Bi Mädel kennengelernt, die mich dazu bringen wollte, mit nem Kerl rumzumachen. Ich fands einerseits nicht so begeisternd, es hat aber Eindruck hinterlassen und ich habe sehr oft drüber nachgedacht, ob ich einfach nur Angst hatte, beobachtet zu werden.
Ich hab mir auch schonmal über Skype mit einem, den ich über einen Chat kennengelernt habe, einen runtergeholt, während ich ihm und er mir zugesehen hat, wobei ich nur seinen Penis gesehen habe. Irgendwie verboten, irgendwie spannend.
Das gleiche mit nem Mädel, ich war gut drauf und habe das durchaus auch genossen. Hier hatte ich mit der Erektion beim selbst Hand anlegen auch nicht so das Problem...
Was mich entspannt, ist, dass ich weiß, dass die Neigung in Wahrheit schon immer in mir schlummert. Als ich dabei war meine Sexualität zu erforschen so mit 13/14/15 , bin ich neben Videos von Mädels, die ich interessant fand, auch auf Videos von Kerlen gestossen, die ich zunächst peinlich berührt weggeklickt habe. Heute ist mir bewusst, dass ich das wohl damals schon irgendwo unheimlich verboten, aber eben auch attraktiv fand. Es war zwar immer selten und schubweise und nur unter bestimmten Umständen, aber eben eindeutig da.
Jetzt, wo sich die Gedanken aber mit solcher Macht in meinen Kopf drängen, komm ich aber gar nicht mehr drauf klar und ich habe Angst, irgendwo doch bei komplett homosexuell rauszukommen. Erstens, weil man doch immer wieder auf Literatur stößt, die Bisexualität als Hirngespinst abtut, andererseits, weil es mir wie Verrat an meinen sämtlichen Gefühlen für Frauen und sämtlichen Bemühungen Frauen kennenzulernen vorkommt. Und ehrlichgesagt fühle ich mich auch nicht als Homosexueller und identifiziere mich auch nicht damit, auch wenn homosexuelle Handlungen zunehmend spannender für mich werden. Ich will trotzdem nicht homosexuell... werden? ...sein? ...was auch immer.
Ich gebe mir jedenfalls nen unheimlichen Kopffick, indem ich ständig Männer und Frauen vergleiche ob ich sie attraktiv finde, mir tausend Dinge einrede, versuche mir Frauen schön zu reden, wegzugucken bei Männern die ich doch irgendwo interessant finde etc etc. Fakt ist, es belastet mich grad unglaublich, weswegen ich auch dieses Forum hier nutze, alles mal von der Seele zu schreiben. Kognitive Dissonanz lässt grüßen
Ich weiß nicht, wo genau ich stehe, und habe Angst, dass ich dadurch, dass ich meine Sexdates verkackt habe, mein Körper quasi lernt, dass Frauen unattraktiv sind.... also keinen hochbekommen = der Körper merkt sich das und erinnert sich unterbewusst dran. Oder reizen weibliche Reize mich nun doch nicht, wenn es um Sex geht?
Dann aber sitze ich wieder mit Freunden zusammen, versuche klarzukommen und an was anderes zu denken: ein Mädel kommt dazu und ich muss mich konzentrieren, ihr nicht auf den Ausschnitt zu starren.
Die letzten Absätze sind vielleicht etwas verwirrend, aber die ganze Sache ist auch krass verwirrend für mich.
Fazit:
Ich gehe davon aus, alle Angst und alle Panik mal abgelegt und rational überlegt, dass ich bisexuell bin. Neben allem oben beschriebenen:
#Die Person, die ich mit 11 oder 12 zum ersten Mal attraktiv fand war, ein Mädchen.
#Mein erster richtiger Schwarm war ein Mädchen.
#Ich küsse leidenschaftlich gern mit Mädels und geniesse das Gefühl, den Duft, den Geschmack...
#Sex hin oder her, mit keinem der Mädels habe ich mich je wirklich unwohl gefühlt, es hat sich sogar vielmehr richtig angefühlt und ich hatte nicht den Eindruck, dass ich aus Gruppen- oder Gesellschaftszwang nur Frauen an mich ranlasse, ohne etwas zu fühlen...
#Bei der Selbstbefriedigung funktioniert es auch bei Gedanken an Frauen wunderbar...
Ich werde es vielleicht mal mit einem Kerl ausprobieren, der mir gefällt, wer weiß, wo ich dann irgendwann in ein paar Jahren stehe. Ich will mal nicht ausschließen, dass alles noch einen ganz anderen Weg nimmt, dafür musste ich in letzter Zeit zuviel selbstverständlich Geglaubtes in Frage stellen.
Meine Theorie ist, dass ich dadurch, dass ich mehr Selbstvertrauen in meine Sexualität gewonnen habe ( habe ich, auch wenn der Text sich eher wie ein einziges Zweifeln liest...) und in der Lage war, diese zuzulassen und auszuleben, eben diese schon immer vorhandene bisexuelle/homoerotische Neigung zulassen kann - oder was heisst zulassen - diese sich den Raum mit aller Gewalt nimmt, der ihr vorher vorenthalten wurde.
Ich kann mich erinnern, dass ich schon vor Jahren zu einem Freund, der sich mir gegenüber grade als homosexuell geoutet hatte, gesagt habe, dass ich mir sexuellen Kontakt zu einem Mann unter bestimmten Umständen vielleicht auch vorstellen kann. Ich find ihn übrigens nicht attraktiv, es war eher ein Entgegenkommen mit meinen eigenen kleinen Geheimnissen, um seine Offenheit zu honorieren.
Nun zu meinen Fragen, für alle die es bis hierhin durchgelesen oder runtergescrollt haben:
#Sind meine Überlegungen und Schlussfolgerungen so logisch wie sie mir erscheinen oder kompletter Humbug?
#Hat jemand eigene Erfahrungen gemacht?
#Was würdest du als Frau denken, wenn wir grade am Daten sind und ich dir sage: Du, ich hab übrigens ab und an mal Bock auf nen Mann... ? ( mal ganz unabhängig von fremdgehen... man kann Fantasien ja auch in einer monogamen Beziehung ausleben, nur auf ein ewiges Verheimlichen hätt ich null Bock.)
Hat wahnsinnig gut getan es runterzuschreiben. Allein dafür hat sich der Aufwand gelohnt.
Einen schönen Abend Euch und bis dann! ;-)