Bevor ich loslege, möchte ich erwähnen, daß ich das Bedürfnis habe meine Gefühle zu äußern und es vorziehe es auf diesem Weg zu tun, anstatt z.B. in ein Tagebuch o.ä. zu schreiben, weil ich dann einfach nur das Gefühl habe, daß mir jemand zuhört. Ich hoffe zwar, aber erwarte nicht, daß mir jemand antwortet, da es sehr viel ist, was jetzt folgt und man von niemanden erwarten kann, das alles zu lesen.
Ich bin nun seit 6 Jahren mit meinem jetzigen Mann zusammen, vor zwei Jahren haben wir geheiratet. In letzter Zeit habe ich sehr große Probleme in Hinsicht Verständnis und Anerkennung des Partners, aber auch was unsere Sexualität betrifft. Eigentlich hat sich mein Mann nicht geändert, nur habe ich, scheint es, vieles bislang ignoriert und ertrage die Enttäuschung jetzt nicht mehr.
Wir haben wohl sehr unterschiedliche Vorstellungen von einer Beziehung, bzw. Ehe und Liebe. Ich bin ein sehr emotionaler Mensch und lebe meine Gefühle in allen Nuancen. Leider muß ich auch sagen, daß ich dadurch auch manchmal in tiefe Abgründe stürze und mich zutiefst verletzt fühle. Mein Mann dagegen ist eher ein nüchterner Mensch, der seine Gefühle nicht zeigen kann oder will. In Situationen oder Zeiten, in denen ich mehr Zuspruch oder Anerkennung brauche, bekomme ich diese nicht, da es ihm an Feinfühligkeit fehlt. Ich habe das Gefühl, daß er es einfach nicht merkt, wenn es mir schlecht geht oder aber, sich nicht damit konfrontieren möchte. Das macht es für mich nicht leichter, gewisse Dinge zu ertragen, im Gegenteil, es kommt eine Last hinzu, und zwar die Enttäuschung nicht verstanden zu werden. Er kann mir nur wenige Dinge, die mich körperlich und psychich belasten abnehmen, leider muß ich da selbst durch. Aber er könnte Anerkennung zeigen, denn die fehlt mir wirklich sehr. Eine Umarmung, ein Lob, nur ein paar tröstende Worte und ich denke, daß mir dann auch vieles leichter von der Hand gehen würde. Ich denke nicht, daß das zuviel verlangt ist.
Ich mache Andeutungen, damit er merkt, daß es mir nicht gut geht. Aber er geht nicht darauf ein. Ich weiß, wir Frauen erwarten von den Männern, daß sie uns unsere Wünsche von den Augen ablesen, aber ich finde nicht, daß das etwas ist, das telepathische Fähigkeiten erfordert.
Ich muß nun ein wenig ausholen und einige Dinge mit unterbringen, damit die Zusammenhänge verständlich werden:
Vor zwei Wochen, ergab es sich (in Gegenwart und durch die Nachfrage eines gemeinsamen Freundes nach meinem Befinden), daß ich in Tränen ausgebrochen bin, als ich von dem Druck in der Arbeit und im Alltag erzählt habe. Eine regelrechte Flut von Tränen hat sich ergossen. Die Belastung im Job und die vielen Dinge, die ich für meine Mutter erledigen muß strengen mich sehr an, so daß ich die restliche Zeit, die mir bleibt, kaum noch Kraft für andere Dinge habe. Natürlich sehe ich es auch als meine Pflicht für meine Mutter zu sorgen. Ich besuche sie gerne und bin gerne mit ihr zusammen, aber die psychische und körperliche Belastung ist für mich so groß, daß ich momentan auch das schon als Pflicht sehe. Es ist schade, daß ich die Zeit mit ihr nicht geniessen kann, weil ich eben keine Zeit mehr für mich selbst habe. Ich komme mir vor wie eine Maschine, die nur noch zu funktionieren hat.
Jetzt aber wieder zu meinem Ausbruch und seine Reaktion darauf:
Absolutes Unverständnis und Worte wie: Aber das ist doch deine Mutter, ich dachte Du machst das gerne für sie... oder: Dann hör doch auf zu arbeiten, wenn es dir zuviel wird.
In so einer Situation, in der ich mich befand, heulend, verzweifelt, diese Reaktion!
Diese Enttäuschung war und ist so schmerzhaft, daß es mich fast zerreißt.
Ich habe tausend Fragezeichen in meinem Kopf: War ich blind, habe ich mich selbst die ganzen Jahre betrogen, obwohl ich es tief im Innern eigentlich wusste. Ich glaube sogar, daß er mich liebt, er kann so zärtlich sein. Es sind die kleinen Dinge, die mich das auch glauben lassen. Wenn er z.B. nachts seinen Arm unter meinen Nacken schiebt und wir ein Weilchen so in Löffelchenstellung daliegen und er dann meinen Nacken küsst und an sich drückt. Das kann doch nicht gespielt sein, das glaube ich einfach nicht. Aber was versteht er denn dann unter Liebe, wenn er anstatt mich vielleicht nur zu umarmen, so daß ich mich bei ihm ausheulen kann, nur nüchterne Ratschläge gibt und sich dann verzieht.
Er kann sich einfach nicht in meine Situation hineinversetzen, das konnte er die ganzen Jahre nicht. Immer habe ich gegen eine Wand geredet. So kam es natürlich auch, daß ich meine Gefühle nicht mehr direkt angesprochen habe, er konnte ja nicht damit umgehen.
Aber zurück zur jetzigen Situation:
Vor zwei Tagen ist er endlich auf mich zugekommen und hat das Gespräch gesucht. Natürlich sprudelte alles aus mir raus. Teilweise kam es zu Diskussionen, teilweise hat er nur zugehört aber er hat sich wenigstens nicht verdrückt. Er hat sich bemüht und nicht geblockt und er bemüht sich seitdem immer noch. Aber ich weiß, daß er sich eigentlich nicht geändert hat und z.B. die Worte: Emotionen, Psyche usw. für ihn Fremdworte sind mit denen er nichts anfangen kann. Ich weiß nicht, warum er sich bemüht. Ob ihm doch etwas an mir liegt und er mich nicht verlieren möchte oder um des Friedens willen.
Es ist so schrecklich einen Menschen, den man so sehr liebt, nicht einschätzen zu können und nicht zu kennen. Ich weiß nich wo ich stehe, ich weiß nicht was ich ihm wert bin. Ich denke mir, daß ein so unsensibler Mensch, doch wohl kaum einen anderen wirklich so sehr lieben kann. Diese beiden Worte widersprechen sich doch schon: "unsensibel" und "lieben"
Ich habe auch unser Sexualleben angesprochen. Ich wünsche mir schon immer von ihm, daß er mich öfter oral befriedigt. In den 6 Jahren in denen wir nun zusammen sind, hat er es höchstens 4 mal gemacht. Er sagt, er tut es einfach ungern, hat das noch bei keiner Frau gemacht und kann mir nicht den Grund nennen. Ich bin die einzige Frau, bei der das gemacht hat und die wenigen Male, hat er es auch gern getan. Sagt er jedenfalls. Ekeln würde er sich nicht. Ich bin sehr hygienisch und wasche mich mehrmals täglich. Es kann also nicht sein, daß ich unangenehm rieche. Das ist ja auch etwas, was ihm sehr gefällt. Er sagt immer wieder mal, daß ich so sauber bin und daß er meinen Duft mag und meinen Körper gerne riecht. Seltsam ist nur, daß er kein Problem damit hat mit seiner Zunge zwischen meinen "Pobacken" zu lecken. Ich weiß nicht was ich davon halten soll. Manchmal glaube ich, daß es an der Erziehung liegt. In etwa: "Ich bin ein Mann, ich mache so etwas nicht". Das wäre ja eine unterwürfige Handlung für einen Mann, eine Frau oral zu befriedigen. Sogar das habe ich ihn gefragt, aber nein, so sei es nicht. Aber ich weiß, ihm wäre es sowieso nicht bewußt, wenn das der Fall wäre. Psychologie ist ja wie gesagt ein Fremdwort für ihn und erst recht die eigene Psyche. Er sagt, daß er mich ja auch nicht zwingen würde ihn oral zu befriedigen. Er würde es verstehen, wenn ich es auch nicht tun möchte und für ihn hätte das nichts mit Liebe zu tun. Aber für mich bedeutet das eben Nähe, Liebe, die totale Vereinigung mit dem Menschen, den man liebt. Wie kann es dann sein, daß man es nicht gerne macht, für diesen Menschen. Schon alleine die Erregung, die ich ihm damit verschaffe macht mich glücklich. Auch wenn es manchmal doch sehr anstrengend ist, mache ich es trotzdem gerne für ihn, weil es mich glücklich macht ihn glücklich zu machen. Und das ist es, was ich nicht verstehe und was für mich genauso verletzend ist. Ich denke schon, daß ich ein extrem hingebungsvoller Mensch bin und mich sehr in eine Liebe hinsteigere. Aber da bin ich nicht ganz allein und es gibt auch einige andere, die diesen Akt mit Liebe gleichsetzen.
Nach der Aussprache vor zwei Tagen, hatten wir gestern Sex und er wollte es mir unbedingt oral machen. Ich habe mich anfangs gewehrt, weil ich nicht mehr richtig geniessen kann, wenn er es alle paar Jahre mal tut. Ich bin inzwischen blockiert, weil der Gedanke mich nicht loslässt, daß er etwas tut, was er nicht mag.
Aber er hat mir zugesichert, daß er es wirklich möchte und hat es tatsächlich geschafft, daß ich einen Orgasmus bekam.
Ich bin am verzweifeln und weiß mir keinen Rat mehr wie diese Beziehung weitergehen soll. Ob es überhaupt noch Hoffnung für uns gibt. Er ist so wie er ist und seine Ansichten werde ich kaum ändern können, auch wenn er über seinen Schatten springt.
Allein der Gedanke, daß wir vollkommen unterschiedliche Auffassungen von Liebe haben, lässt mich nicht mehr in Ruhe.
Auch wenn er sein Verhalten ändern sollte, so werde ich immer denken, daß er es der Harmonie willen tut und nicht um meinetwillen.