Meine langjährige Freundin und ich sind sehr verschieden. Sie ist eine Karrierefrau, mit Wünschen in Richtung gemeinsames Haus und Kind. Diese nehmen auch immer konkretere Formen an. Ich dagegen bin ein Träumer. Dies bereitet ihr große Sorgen. Langsam übt sie immer mehr Druck aus, der sich kontraproduktiv auf mich auswirkt. Wie kommt man auf Dauer mit einem Partner zurecht, mit dem man zwar viele Gemeinsamkeiten hat, doch in einigen Aspekten grundverschieden ist? Reicht Liebe in Verbindung mit vielen Gemeinsamkeiten aus, um wenige aber dafür ganz entscheidende Lebenszieldifferenzen zu überbrücken? Wenn sie von Heirat und Kind spricht ist es für mich so, als beträfe es einen anderen - oder eben mich in einer fernen Zukunft. Manchmal habe ich das Gefühl, ich kann mich neben ihr nicht entfalten, nicht sein wie ich wirklich bin und vor allem nicht den Weg gehen, den ich tief in meinem Inneren beschreiten möchte. Sie ist die Praktikerin, die Macherin - kein Problem, dass nicht lösbar ist. Ich bin der Theoretiker, der Grübler, der Zweifler und Träumer. Wenn man Wege für andere geht, ist es schwierig Entscheidungen zu treffen. Man selbst steht als relativ schwach und antriebslos da, obwohl sich ungeahnte Kräfte in einem verbergen, nur kommen jene auf erzwungenen Pfaden nicht zum tragen.
Wie sehr habe ich mich bereits verbogen? Wie viel von meinem heutigen Ich bin tatsächlich ich? Kann das alles überhaupt gut gehen, ohne dass der vermeintlich schwächere Part ein Leben lang einen wichtigen Teil seiner Persönlichkeit unterdrücken muss? Wohin mit diesem Druck?
Ich empfinde die Liebe zeitweise als eine riesige Fessel, dann wiederum als größtes Geschenk. Ein ständiges Auf und Ab - bis zum Unvermeidlichen. Wenn sie mich verlassen würde, wäre ich frei von vielen Zwängen und Gedanken die mich quälen. Eine große Last würde von meinen Schultern genommen. Andererseits würde ich einen wunderbaren Menschen verlieren, der mir sehr viel bedeutet. Sehr ambivalent.
Frauen wollen keine Männer wie mich, jedenfalls nicht auf Dauer. Warum bleibt sie bei mir? Ich habe nichts zu bieten, außer vielleicht Einfühlungsvermögen, seelische Wärme und einen ansehnlichen (relativ jungen - gehe auf die 30 zu) Körper. Eine Frau wie sie kann wesentlich mehr verlangen. Vor allem Sicherheit.
Alles in mir schreit, dass sie verdammt noch mal unglücklich wird, wenn sie bei mir bleibt. Irgendwann wird sie es bereuen - Liebe hin oder her.
Gibt es überhaupt Menschen, welche die gleiche Vorstellung vom Leben haben und diese auch exakt leben? Leidet nicht immer ein Partner, mehr oder weniger?
Das waren nur einige Gedanken an einem Samstag Nachmittag. Vielleicht geht es anderen ähnlich. Ein Lösung muss ich selbst finden, das ist mir klar.