Hallo zusammen,
ich (w, 26) bin seit fast 6 Jahren mit meinem Freund (26) zusammen. Er ist ein toller Mensch, lieb, zuverlässig, rücksichtsvoll und wir passen auch super zusammen (gleicher Humor; ähnliche Einstellungen etc.).
Nach ca. 1,5 Jahren unserer Beziehung ging es (quasi schleichend) los, dass ich weniger sexuelle Lust auf ihn hatte. Wir hatten trotzdem Sex und WENN wir Sex hatten, war ich dann auch erregt und es hatte Spaß gemacht. Trotzdem nahm die Unlust zu und ich hatte beim Vorspiel immer mehr Probleme, erregt zu werden. Ich kam richtig schwerfällig in die Gänge und musste mich regelrecht zum Sex antreiben. (An dieser Stelle muss ich anmerken, dass ich KEIN körperliches Erregungsproblem habe. Ich befriedige mich auch selbst damals wie heute. Und eine generelle Lust auf Sex ist da.)
Natürlich hab ich mich dann selbst unter Druck gesetzt (es MUSS ja gehen, ging doch sonst auch immer). Um ehrlich zu sein, hat mich mein Freund da auch etwas unter Druck gesetzt, war z.B. beleidigt, wenn ich keine Lust hatte und nicht so richtig wollte. Gerade, wenn er abends Sex wollte und ich aber nicht wollte (weil ich wusste, dass ich eeeeewig nicht feucht werde), war er am nächsten Tag bockig und die Stimmung angekratzt. So ging das ganz langsam los und irgendwie haben sowohl er als auch ich gedacht, dass sich diese ganze Sache (meine Unlust) irgendwann wieder gibt quasi von allein (schön blöd).
Das Ganze wurde über die Jahre immer schlimmer. Irgendwann war ich dann einfach nur noch resigniert/sauer auf mich selbst/genervt. Dann kam es natürlich an den Punkt, an dem der Sex mit meinem Freund auch gar keinen Spaß mehr gemacht hat und sowieso immer seltener wurde. Wir haben viel und immer wieder darüber geredet und mein Freund hat dann auch selbst gesagt, dass sein Verhalten zu Beginn (dass er bockig und beleidigt reagiert hat, wenn ich keinen Sex wollte) nicht in Ordnung war.
Er hat mich auch gefragt, was ich beim Sex schön finde oder gern mal machen möchte, aber da war ich schon an dem Punkt, wo ich auch keine Lust auf Experimente hatte. Witzigerweise muss man sagen, dass ich generell ein offener Mensch bin und auch beim Sex gern neue Dinge ausprobiere. Aber in Bezug auf meinen Freund ist das totale Gegenteil der Fall. Da könnte man echt meinen, ich wäre verklemmt und keineswegs experimentierfreudig.
Mittlerweile ist es so, dass ich mich ihm gar nicht erotisch hingeben WILL. Diese Leidenschaft, die man beim Sex hat und die Hingabe und die Geilheit, in der man sich zeigt irgendwie will ich das in Zusammenhang mit meinem Freund nicht. Es gibt jetzt auch keine schlimmen sexuellen Erfahrungen, die ich beispielsweise in meiner Kindheit erlebt habe. Ich hatte eine unbeschwerte Kindheit. Und mit meinen Eltern bzw. mit meiner Familie komme ich auch gut klar. Auch die Familienverhältnisse von meinem Freund sind sehr stabil. Da gibt es keine schlimmen Ereignisse, die man irgendwie mit sich herumträgt.
Aus meiner Sicht haben wir quasi 4 Jahre lang ein Problem falsch angepackt. Wir haben gedacht, es gibt sich von allein wieder, was eigentlich total bescheuert ist, aber mit Anfang 20 hatten wir da auch nicht so die Erfahrung, wie man damit umgeht. Wir hatten zwar beide zuvor Beziehungen gehabt, aber keine sehr langfristigen.
Mittlerweile ist es fast wie Bruder und Schwester zwischen meinem Freund und mir Wir verstehen uns total gut, aber das Sexuelle Da ist eine totale Abneigung auf meiner Seite entstanden.
Nun sind wir zu einer Paartherapeutin gegangen, weil wir uns nach fast 6 Jahren immer noch sehr gut verstehen und gerade im zwischenmenschlichen Bereich nichts auszusetzen haben. Da sagt man sich ja schon: Es ist zu schade, um es wegzuwerfen. Bei der Therapie haben wir zunächst die Dinge abgeklappert, wie die Familienverhältnisse sind usw (die Therapeutin muss einen ja auch erstmal ein klein wenig kennen lernen bzw sich ein Bild von einem machen).
Trotzdem würde es mich interessieren: War schon mal jemand von euch in so einer Situation? Also das man eine richtige Abneigung entwickelt hat? Und kann man diese Abneigung wieder überwinden? Sicherlich ist professionelle Hilfe hierbei wichtig, aber schafft man es? Ist es sinnvoll? Und, wenn ihr sowas auch schon mal erlebt habt, wie lief das bei euch ab?
Es ist auch schwer zu beschreiben, wie sich die Abneigung für mich anfühlt. Stellt euch jemanden vor, (meinetwegen auch optisch; auch wenn das jetzt vielleicht oberflächlich ist, aber es geht nur um die Beschreibung des Gefühls) den ihr total furchtbar findet; der euch zu dick oder zu dünn ist; der vielleicht unangenehm riecht und der (aus eurer Sicht) überhaupt nicht hübsch ist. Vielleicht kennt ihr auch jemanden in eurem Umfeld, den ihr absolut nicht anziehend findet. Und jetzt stellt euch vor, dass ihr mit diesem Menschen Sex haben sollt und ihr sollt dabei Lust und Geilheit empfinden. So in etwa fühlt sich das für mich an da stellt sich eine total Abneigung ein.
Es ging hierbei NUR um die Beschreibung des GEFÜHLS. Mein Freund ist ein attraktiver Mann und eigentlich genau mein Typ; dennoch stellt sich auf der sexuellen Ebene dieses Gefühl ein.
Kennt ihr sowas? Wie seid ihr damit umgegangen?