In der vollen U-Bahn. "Mama, was ist schöner, Penis oder Muschi?" fragt das
kleine Mädchen. Der Wagen schweigt. "Beides ist schön, mein Kind", flüstert
die Mutter. "Ein Penis ist doch wie 'ne Muschi", fährt die Kleine fort,
"nur länger. Stimmt's?"
Leider nicht. Der 45jährige Claus C. ist sehr attraktiv und leitet die
chirurgische Abteilung eines Kreiskrankenhauses. In seiner Freizeit spielt
er konzertreif Saxophon und kocht Gourmetmenüs.
Ein Mann also, der vor lauter Sex nicht mehr aus den Augen schauen kann?
Weit gefehlt. Seine letzte horizontale Begegnung liegt sechs Monate zurück.
Der Grund? "Ich habe leider einen riesigen Penis", gesteht er traurig,
"wenn ich nackt bin, zucken die Frauen zurück, wie von der Tarantel
gestochen. So haben wir nicht gewettet. Und schwupps - sind sie wieder
angezogen."
Ein echtes Dilemma, denn Penisse können inzwischen zwar vergrößert, nicht
aber verkleinert werden. Und selbst wenn dies möglich wäre, ein zu großer
Schwanz ist wie zu dünn, zu reich, zu schön - ein Problem, das andere nur
ärgerlich macht. Denn die meisten Männer, so hören wir mit Staunen, finden
das, was zwischen ihren Beinen baumelt, zu mickrig. Auch wenn sie die
offizielle deutsche Durchschnittsgröße von 16,2 Zentimeter erreichen. Wobei
Frau sich fragt, wie dieser Durchschnitt errechnet wird. "Guten Morgen, wir
machen eine Meinungsumfrage - wie lang und breit ist Ihr Penis?" Selbst
wenn der Mann auskunftsfreudig ist, wie mißt er? Im Ruhezustand? Im
Unruhezustand? Wie erzeugt er den vor einem Meinungsumfrager?
Und was Männermeinung nach vom Schöpfer zu klein geformt wurde, wird im
Bedarfsfall gestreckt, aufgepumpt, operativ vergrößert, denn, so glaubt
Adam, ein großer Penis sei für Eva lustvoller als ein kleinerer. Wie kommt
er auf dieses Ammenmärchen? Der hammerharte Schwanz, der hammerhart in die
Frau hineingerammelt wird, wieder und immer wieder, bis sie verschwitzt und
erschöpft zusammenbricht, das männliche Karnickel also - für Männer
lustvolle Phantasie, für die meisten Frauen ein Alptraum.
"Nichts nervt mich mehr als ein Mann, der seinen Ständer präsentiert wie
eine Wunderkerze", findet eine 33jährige Lehrerin, "im Gegenteil. Ich mag
es, wenn sich zuerst eine kleine, weiche Schnecke in meiner Hand rollt, die
langsam, langsam immer härter wird. Leider sind fast alle Männer total
gestreßt, wenn es mal ein bißchen länger dauert. Ich genieße das total."
Ist uns also der Penis schnurzpimmel? Im Gegenteil, nur die Größe ist es.
Klar gibt es eine Grenze, die nicht unterschritten werden sollte. Mehr als
ein Hautzipfel sollte es schon sein. Aber die Grenze liegt weit unter dem
halben Meter, der Männern offensichtlich vorschwebt. Schließlich ist
wissenschaftlich erwiesen, daß die Vagina zwischen 8 bis 10 Zentimeter lang
ist und ihre sensibelsten Punkte nur 2 Zentimeter tief liegen. Im Ernstfall
würde uns also auch ein Schwänzchen vollauf genügen.
Wichtig ist, was dranhängt. Nein, nicht die Hoden, der Mann, das unbedarfte
Wesen. Denn das, was zwischen seinen Beinen hängt, ist, rein ästhetisch
betrachtet, sowieso ein Witz. Ein baumelnder Wurmfortsatz, eine Bratwurst
mit zwei verschrumpelten Säcken dran.
Umfrage am Frauenstammtisch. Wie soll ein Pimmel, wie darf er auf keinen
Fall aussehen? "Ich find's megaherb, wenn er so dunkelrot geschwollen
daherkommt", meint eine. "Genau, und dann womöglich noch mit dicken Adern
drauf", ergänzt die andere. Eine dritte mag ihn nur beschnitten, weil sie
diese "fleischige Rosette obendrauf" total abturnt. Am allerbesten sind die
mit dem leichten Linksknick. "Die sind fast so gut wie ein Vibrator."
Zusammengefaßt - ein guter Dödel ist wie "Ritter Sport Schokolade":
quadratisch, praktisch, gut. Lieber kurz und dick (Frauenglück) als lang
und schmal (Frauenqual). Diese Volksweisheit scheint zu stimmen. Daß die
Nase eines Mannes dagegen wie sein Johannes ist, nur in Ausnahmefällen.
"Ich glaube absolut daran", verkündet eine 21jährige Studentin, "deshalb
kommen für mich Haken- oder Knollennasen nicht in Betracht. Am
allerschlimmsten finde ich Blumenkohlnasen, da wird mir richtig schlecht."
Frauen, das ist naturbedingt, denn ihre Schätze liegen im Verborgenen,
haben ein grundsätzlich anderes Verhältnis zu ihrer Vagina als Männer zu
ihrem Penis. Beim Namen fängt es schon an. Männer mögen's hart, hammerhart
eben. Rammler, Bolzen, Latte, Kolben. Sehr erotisch. Frauen mögen's weich.
Muschi, Möse. Das F-Wort wird meist von Männern benutzt. Frauen machen kein
Theater um ihre Vagina, ihr Verhältnis ist pragmatisch-entspannt. Wir
messen sie nicht ("Die Durchschnittslänge einer weiblichen Schamlippe ist
im erregten Zustand 10 cm lang"), wir vergleichen sie nicht, wir benutzen
sie einfach.
Männer dagegen scheinen sich über ihren Wurmfortsatz zu definieren. Ich
hab' einen Dicken, also bin ich. Allein die Werbung. Nogger Dir einen.
Mann, ist der Dickmann. Beim Pinkeln geht's weiter, meint die lesbische
Feministin Camille Paglia, die trotzdem einen Penis fabelhaft findet, weil
er "die Menschen so schön unruhig macht. Männer lernen, Regenbögen zu
pinkeln, Frauen wässern lediglich den Boden unter sich".
Penisneid? Klar, beim Pinkeln. Wer als Frau schon einmal im Skianzug vor
einem französischen Klobecken stand, weiß, wovon die Rede ist. "Ich wäre
gern mal ein Mann, weil ich spüren möchte, wie es ist, wenn man in jemanden
eindringt", gesteht eine Frau, "einmal Groschen sein und nicht nur die
Spardose."Ansonsten geht es starken Frauen wie Madonna, die in ihrem
umstrittenen Bilderband "Sex" sagt: "Ich habe keinen Penisneid, weil ich
einen Schwanz im Kopf habe. Deshalb brauch' ich keinen zwischen den
Beinen." Eben.
Im Gegensatz zu Männern finden wir unsere Geschlechtsteile nur bedingt
spannend. Vorbei die frauenbewegten siebziger Jahre, als im Hamburger
Frauenzentrum LENE (Lesbennest) vor einem Diavortrag zum Thema "Die Möse
als Kunstwerk" hitzig darüber diskutiert wurde, ob ein zur Frau
umoperierter ehemaliger Mann teilnehmen durfte oder nicht. Auch der
fünfjährige Sohn einer Lesbe mußte draußenbleiben. "Er weiß doch noch gar
nicht, was eine Muschi ist", flehte die Mutter. "Um so schlimmer", meinten
die Frauen und blieben hammerhart.
Inzwischen haben wir unsere Möse ntmythologisiert. Zum Dödel hingegen haben
wir immer noch kein entspanntes Verhältnis. "Frontal nudity", wie die
Amerikaner sagen, darf nirgendwo gezeigt werden, nur bei griechischen
Statuen. Dabei würden wir ihn so gern sehen. Den von Harvey Keitel, zum
Beispiel, der uns in dem Film "Das Piano" neugierig machte, aber nur seinen
knackigen Po zeigte. Gekonnt verborgen. Zickig und verkrampft stellte sich
dagegen sein deutscher Kollege Fritz Wepper an, der sich kürzlich einen
Rosenstrauß vorhielt, als er bei Dreharbeiten nackt über enViktualienmarkt
laufen mußte. Zu klein, das Fritzchen, Herr Wepper?
Vielleicht dürfen wir uns, außer in dunklen Parks, so selten am nackten
Pimmel ergötzen, weil er, wenn sein Herrchen ihn nicht unter Kontrolle hat,
noch immer soviel Unheil anrichtet. Weil viele Männer ihr bestes Teil als
ein von ihnen völlig unabhängiges Wesen betrachten, auf dessen Tun und
Treiben sie keinerlei Einfluß haben. Mein kleiner Freund führt ein
Eigenleben, sagen sie stolz, dagegen bin ich leider machtlos. Und was
bedeutet das konkret?
Daß eine Frau nicht nein sagen kann, nur weil sie erst mal ja gesagt hat?
Daß ein Kuß und ein Knutscher immer auch zur horizontalen Begegnung führen
müssen? Weil ihn sonst der Sack schmerzt? "Ein absolutes Ammenmärchen",
sagt eine Krankenschwester, "es gibt keinen Samenstau und keine blauen
Eier."
Der Mann als Stier. Sein Schwanz als Zauberschwert. Schon Wagner war nicht
frei davon, als er die "Walküre" schrieb. Im ersten Akt bereits läßt er
Wotan das Zauberschwert Notung in eine Esche stoßen. Nur sein Sohn
Siegmund, das Produkt seiner Lenden, kann dieses Schwert wieder
herausziehen.
Diese Besessenheit! Weil der Penis eine Extremität ist und deshalb extreme
Aufmerksamkeit verlangt? Die jedoch mit anderen Männern nicht geteilt wird.
Frauen machen kritische Bestandsaufnahmen und nörgeln wechselseitig an
ihren Körpern herum, Männer leiden still. Nie, nie nie, würde einer zum
anderen sagen: "Sag mal, Hugo, ich finde meinen Penis zu klein, hast du
ähnliche Probleme?" Statt dessen der heimlich abschätzende Blick zur Seite.
Nach dem Sport in der Gemeinschaftsdusche, von Urinal zu Urinal.
Frage einen Mann: "Wie würdest du reagieren, wenn dir eine Frau sagt, dein
Schwanz sei zu klein?" und beobachte, wie Augen und Lippen schmal werden.
Höre dann die immergleiche Antwort: "Also, diese Situation ist in meinem
Fall gottlob völlig hypothetisch. Ich hab' damit zum Glück gar keine
Probleme, ganz im Gegenteil... und bla, und bla..."
"Kritik an seinem Schwanz ist für einen Mann das Allerschlimmste", sagt ein
Journalist, der Abitur hat, "so schlimm, als wenn er zu einer Frau sagen
würde, du hast aber dünne Haare." Wenn's um ihren Schwanz geht, haben
Männer keinen Humor mehr. Wer als Frau endgültig die Lust auf Männer
verlieren möchte, der gehe auf eine Hundeshow und beobachte, wie sie ihre
Hunde als verlängerte Penisse durch die Hallen führen. "Faß, Harro, faß."
Es gibt keinen lächerlicheren Anblick. Selbst ein Mann im Porsche wirkt
souveräner. Selbst ein Südländer, der sich ständig zwischen die Beine
greift, um nachzuprüfen, ob noch alles da ist. "Warum haben Männer Beine?
Damit sie nicht sackhüpfen müssen." Jede Frau lacht, jeder Mann kriegt
einen Zitronenmund. Frauen können so geschmacklos sein. Kein bißchen Humor
also, dafür jede Menge Phantasie, wenn's um unkonventionelle Befriedigung
des kleinen Lümmels geht. Und wenn keine Frau zur Hand ist. "Manche Männer,
die es packt, gehen dann durch ihre Wohnung und suchen eine enge Röhre als
Ersatz", verrät eine Krankenschwester. Dabei ist nichts vor ihnen sicher.
Keine Shampooflasche, keine Vase (am liebsten Rosenvasen), kein
Staubsaugerrohr. Peinlich, wenn dann der kleine Freund größer wird und
steckenbleibt. "Ich hatte mal einen Patienten, der kam mit seinem gesamten
Staubsauger zwischen den Beinen an", erinnert sich die Schwester, "da er
nicht autofahren konnte, wurde er mit dem Krankenwagen transportiert. Die
Träger haben ein großes Laken über ihn gelegt. Wir haben uns halb tot
gelacht."
Ein Urologe berichtet von einem Fernfahrer, der eine Trockenerbse als
Spermienstopper benutzen wollte. Die schwoll an und mußte mittels
Minibohrer operativ wieder entfernt werden.
Schreckt ihr denn vor nichts zurück, Männer? Wahrscheinlich sind wieder mal
die Mütter schuld. Stehen zwei vor einer Wickelkommode, auf der ihre
nackten männlichen Babys liegen. Sagt die eine stolz: "Meiner hat aber
einen längeren."
Kein Witz.